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The Evil Within




Horrorabstinenz und Nerven aus Stahl

Shinji Mikami, Vater von Resident Evil und Mitbegründer des Horror Survivals The Evil Within möchte mit dem Titel wieder zurück zu seinen Wurzeln und inszeniert für Bethesda einen bizarren Trip in das Beacon Mental Hospital.

Gelingt es ihm nun aber das Genre mit frischen Elementen attraktiver zu machen? Der Horror-Markt auf dem PC blüht derzeit richtig auf und die Konkurrenz hat die Messlatte ziemlich hoch angesetzt oder bleibt der Altmeister in seiner Vergangenheit gefangen? Das kläre ich in meinem Test über „The Evil Within“.

Never change a running system

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Ich übernehme als Spieler die Kontrolle nach der Intro Sequenz und merke prompt eins: Ich muss mich entweder täuschen oder ich bin im Jahr 2005. Ja, dabei handelt es sich um das Jahr von Resident Evil 4, mit dem das Horror-Genre einen frischen Wind durch Capcoms Titel bekommen hat. Das Genre hat sich seitdem selbstverständlich weiter entwickelt (Amnesia, Outlast, Alien: Isolation), aber Mikami scheint von seiner Masterformel so überzeugt zu sein, dass er sich nur für wenige neue Designentscheidungen überzeugen lassen konnte. Hier wären bekannte Schauplätze wie das abgelegene Dorf (RE4) oder das alte Herrenhaus inklusive der pompösen Eingangshalle, dem Hirschkopf an der Wand und den zombieähnlichen Gegnertypen bis hin zum Kettensägen-Mann zu nennen.

Bitte Upgrade-Slime einwerfen

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Das anfängliche Zertreten von Kisten und Zerschlagen von Vasen geht uns im Verlauf des Spiels langsam aber stetig auf den Zeiger, wo wir die teils sehr knapp bemessene Munition, Spritzen, die als Ersatz für die grünen Heilkräuter dienen und den grünen Schleim als Ersatz für die Geldmünzen finden. Das wilde Knopfgehämmer im bestimmten Situationen ist auch ein Merkmal, was ich seit anno 2005 nicht unbedingt vermisst habe. Das grüne Gel wird nicht bei einem Händler, sondern bei einer abgewandelten Form eines elektrischen Stuhls für diverse Upgrades benutzt. So können wir charakterspezifische, sowie waffenspezifische Upgrades gegen Bares, ehm Grünes, erwerben. Ich muss an dieser Stelle als Spieler ehrlich meckern: Warum hat man sich nach so einer Entwicklungszeit kein intelligenteres Upgrade-System ausgedacht und in das Spiel integriert, als eine simple Kopie aus Resident Evil 4 zu übernehmen? Ich muss aber dazu sagen, dass mir damals das Münzsystem mit dem Händler schon als eine Art Fremdkörper vorkam und die Atmosphäre immer aufs Neue gekillt hat.

Das Waffenarsenal ist auch weitestgehend bekannt: Revolver, Pumpgun, Scharfschützengewehr und natürlich, die Magnum sowie Raketenwerfer (späterer Verlauf) und Nahkampfwaffen a la Axt, typisch für einen Mikami. Der Granatwerfer wird durch eine Hightech-Armbrust mit verschiedenen Bolzentypen ersetzt und an dieser Stelle muss ich für diese “Wahnsinnsänderung“ meinen kleinen Hut ziehen. Die Bolzen lassen sich in der Spielwelt finden oder mit einer sehr simplen Crafting-Mechanik selber basteln.

Trial & Error soweit das Auge reicht

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Wenn mich an Spielen eines in seiner ausgearteten Form anwidert, dann sind das unzählige Trial & Error Momente und das Team rund um Mikami scheint bei „The Evil Within“ in diesem Bereich besonders viel Zeit und Energie investiert zu haben. Ich möchte in diesem Abschnitt etwas konkreter werden, was ich sonst nicht mache, aber nur um die potentiellen Käufer vor nervenaufreibenden Situationen dringend zu warnen! Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin wahrlich ein Fan von anspruchsvollen Titeln und spreche meine Lobeshymnen aus, wenn Entwickler mutig sind und Spieler ernsthaft fordern. Das beste Beispiel hier dürfte das für viele bekannte Dark Souls sein. Die Spielmechanik gibt dem Spieler ein gewisses Maß an Fehlerpuffer vor und zeigt, dass reines Tastengehämmer relativ schnell zum Verlust der Motivation führt. Der Spieler muss also graue Zellen einschalten und durch situatives Handeln diversen Herausforderungen trotzen. Super Sache, unterstütze ich voll und ganz, aber bei „The Evil Within“ bin ich sehr oft das Gefühl nicht losgeworden, als wollten die Entwickler mir auf Teufel komm raus ihre blutigen Todessequenzen ins Gesicht klatschen. Ich verstehe als gesunder Mensch einfach nicht, warum ich ohne Vorwarnung von Objekten von hinten überrollt werde und eine Mini-Berührung von einem Gegner, der sich lustig teleportieren kann, reicht, um mich zu krepieren!? Sorry Jungs, ich mag zwar schwere Spiele, aber einer von gestern bin ich auch nicht. Irgendwann hört auch der Spaß mit den tausend Todessequenzen auf und die schweißtreibende Panik mutiert in grenzenlose Frust, der auch bei den knackigen und sehenswerten Bosskämpfen die Oberhand gewinnt. Sehr schade!

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Trotz der Unfairness muss man dem Spiel zu Gute halten, dass die automatischen Speicherpunkte überwiegend gut verteilt sind und auch die Spiegelzimmer, ich nenne sie jetzt einfach so, in denen man zurück zur Klinik – dem Headquarter – kommt und manuell speichern und sich aufrüsten kann, zahlreich vorhanden sind. In diesen Zimmern erfährt man, unter anderem, durch Tagebuchseiten ein bisschen was über den Protagonisten und außerdem sollen Zeitungsausschnitte in der Klinik die Ereignisse darstellen. Wirklich hilfreich stellen sich diese Mittel leider um die extrem verwirrende Story nicht dar. Ist die Geschichte gerade am Anfang durch die seltsamen Ereignisse noch sehr mysteriös, fällt der Bogen des Interessanten irgendwann rasant ab, da man es als Spieler aufgibt der stupiden Aneinanderreihung von Fragezeichen nachzusteigen. Im gleichen Atemzug muss ich auch die sehr schwache Charakterdarstellung nennen. Zusätzlich zu unserem Hauptcharakter gehen seine beiden Kumpanen Joseph und Julie mit der, für uns Normalsterbliche, außerordentlichen skurrilen und absurden Situation ziemlich gelassen und cool um. Eine Welt voller verunstalteter Monster und Gewalt. Eine Kanalisationsgrube gefüllt mit Blut und Körperteilen. Szenenwechsel im Sekundentakt vom Keller in ein idyllisches Sonnenblumenfeld. Ich weiß nicht, wie andere Menschen ticken, aber ICH persönlich würde mit großer Wahrscheinlichkeit den Glauben an mich und meine Umwelt verlieren und da hat die lapidare Aussage meines Charakters Sebastian Castellanos im letzten Drittel „Ich glaube, ich werde langsam verrückt!“ schon ein klitzekleines Schmunzeln in mein Gesicht gezaubert. Herzlichen Glückwunsch Herr Castellanos, nach über 15 Stunden hat man dann doch tatsächlich mal darüber nachgedacht, dass um einen herum etwas gehörig schief läuft. Dafür gibt es einen Keks mit Schokofüllung.

Viel Abwechslung, wenig Horror

Was ist das Grundrezept für ein richtig gutes Horror-Survival? Wir zählen die wichtigsten Faktoren auf:

  1. Einfühlungsvermögen in die aktuelle Situation schaffen: Der Spieler muss sich glaubhaft mit der Situation identifizieren können.
  2. Routine vermeiden: Eine Verkettung von Schock-Elementen wirkt 10 Minuten und wird dann schnell berechenbar.
  3. Außergewöhnliche Schauplätze, die bei Menschen von Grund auf Angst verursachen (verlassene Irrenanstalt, Friedhof, dunkle Wälder, etc.).
  4. Eine schier ausweglose und chancenlose Situation: Je mehr Verzweiflung und Hilflosigkeit, desto besser. Der Spieler soll vorsichtig und langsam vorankommen und immer eine kleine Chance besitzen zu überleben.

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Ich werde jetzt nicht alle Faktoren aufzählen, da das sonst den Rahmen sprengen würde, aber die Punkte 1 und 3 erfüllt „The Evil Within“ doch ausgesprochen gut. Sei es das extrem abgedrehte Artdesign der Schauplätze, das sehr viel variiert und damit für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgt oder die häufigen Tempowechsel im Spiel. Dabei wirkt „The Evil Within“ in manchen Szenen wie ein Horror-Splinter-Cell, bei dem wir uns lautlos an Gegner anschleichen und sie mit einem Sneak-Kill erledigen müssen und andererseits sehen wir uns in einer Fluchtsequenz von einem riesigen Monster gejagt, bei der wir durch gezielte Schüsse Distanz schaffen müssen. Hier ist die Dynamik glaubhaft und macht sehr viel Spaß und auch positiv anzumerken ist, dass der Zeitfaktor in gewissen Situationen für eine geladene Atmosphäre sorgt. So müssen wir zum Beispiel in einem Raum mit Giftgas die Ventile abdrehen, während wir von einem fiesen Monster gejagt werden, welches sich zudem noch wiederbelebt. Außerdem sind weitere kleine Rätsel quer durch das Spiel verstreut, aber man wird trotz allem das Gefühl nie los, alles schon mal gesehen zu haben – sei es bei Mikamis früheren Werken oder anderen Spieleperlen wie „Last Of Us“ oder „Dead Space“. Und wieder sind wir beim Thema „auf Neues setzen, selber schaffen“. Mikami konzentriert sich zu sehr auf sein Altbewährtes. Zugegeben: Das Gebotene ist mit Sicherheit nicht schlecht, jedoch hätte ich mir von einem Designer seiner Größe wesentlich mehr erwartet.

Krankheiten in der Technik

Das Thema „Kinobalken und 30 FPS“ dürfte jedem Spielenews-Verfolger ein Begriff sein und ja, es gibt Konsolenbefehle, mit denen man diese Mechanik manipulieren kann, aber darum geht es mir nicht. Fakt ist, die Kinobalken stören und die Limitierung auf 30 FPS sorgt in Passagen mit hohem Gegneraufkommen und Lichteffekten für Einbrüche ärgerlichen Ausmaßes. Außerdem wirkt die Kameraführung in vielen Situationen viel zu hektisch und ist zu nah an der Figur positioniert. Die typische Krankheit der id-Tech-Engine, bei der Texturen bei schnellen Bewegungen erst einige Millisekunden später geladen werden, tritt bei „The Evil Within“ ebenfalls auf und trübt zusammen mit eigenartigen Animationsübergängen das gesamte Bild deutlich.

Fazit

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Ist Mikami mit „The Evil Within“ im Jahr 2014 ein weiterer großer Wurf gelungen? Diese Frage lässt sich leider nur speziell beantworten. Konzentriert man sich als Spieler auf Mikami typische Elemente wie düstere Kulissen, gekonnte Licht- und Schatteneffekte, ein bizarres Kreaturenarsenal und ziemlich verstörte Inszenierung. Mit einem Wort „Wahnsinn“, dann wirkt das Spiel als ein solides Werk. An dieser Stelle kommt leider das dicke “Aber“. Das größte Manko an „The Evil Within“ ist, dass es sich viel zu oft an Resident Evil 4 aufhängt. Kreative Entscheidungen oder moderne Elemente sind leider wenig bis gar nicht enthalten. Das für mich größte KO-Potential bergen die Trial & Error Passagen im Spiel. Sie kommen leider, trotz der fairen Speicherpunkte, viel zu oft vor und die undurchsichtige Story zusammen mit den teils krassen Technik-Aussetzern sorgt für Frust statt Lust. Zusammengefasst kann man sagen, dass „The Evil Within“ trotz der vielen Problemchen einen durchschnittlichen Survival-Horror bietet, der aber bei der brillianten Konkurrenz in Form von Outlast, Amnesia oder Alien: Isolation in allen Belangen den Kürzeren ziehen muss.

Motivationskurve

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Es gibt nicht sehr viel zu der Kurve zu schreiben. Die anfängliche Motivation geht durch das fehlende Aha-Erlebnis langsam in den Keller. Ab der Mitte des Spiels sind Trial & Error Momente einfach nur noch nervig und dienen als zuverlässige Spaß-Killer. Nach 15 Kapiteln ist man doch irgendwann ganz froh, dass „The Evil Within“ endlich durch ist.

Review Overview

Bewertung - 74%

74%

Zusammengefasst kann man sagen, dass „The Evil Within“ trotz der vielen Problemchen einen durchschnittlichen Survival-Horror bietet, der aber bei der brillianten Konkurrenz in Form von Outlast, Amnesia oder Alien: Isolation in allen Belangen den Kürzeren ziehen muss.

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