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Borderlands 2 – Gemischte Gefühle

Nach etwa 50 Stunden Spielzeit ist es nun offiziell geschafft, ich habe das Spiel, zum Glück, durch. Borderlands 2 hinterlässt sehr gemischte Gefühle, auf die im Test eingehen möchte.

Einleitung

Das Spiel wurde am 18. September 2012 von Gearbox Software veröffentlicht und benutzt als Technikgrundlage die Unreal Engine 3. Borderlands 2 baut auf einer so genannten Cell-Shading Optik auf, die Dank der starken Kontraste bewusst eine Surrealität erzeugen möchte – am einfachsten ausgedrückt in Form einer Comic-Grafik. Das mag nicht Jedermanns Sache sein, ist aber ein ganz gezielt umgesetztes Designmerkmal der Spielereihe.

Borderlands 2 - Comicstil in Perfektion
Borderlands 2 – Der bekannt beliebte Comicstil

Pandora ist ein sehr trostloser Planet und zynischen Bewohnern und ausgeprägt krudem Humor. Die Charaktere sind allesamt überspitzt dargestellt und so richtig ernst nimmt sich in dieser Welt keiner.

Von der Story knüpft der zweite Teil nahtlos an den ersten Teil, in dem man durch das Öffnen der leer geglaubten Kammer erfahren hat, dass sich ein seltenes Erz namens Eridium freigesetzt hat. Dieses Erz zieht selbstverständlich allerlei Aufmerksamkeit auf sich und so ist auch der Boss des Waffenherstellers Hyperion, Handsome Jack (wahrscheinlich einer der legendärsten Bösewichte in den Borderlands Teilen) hinter dem wertvollen Erz her.

Gameplay

Bei Borderlands 2 spielen wir aus der Ego-Perspektive und es handelt sich dabei um einen klassischen Loot-Shooter mit RPG-Elementen. Ich mag das nicht, wenn solche Spiele wie Borderlands 2 im gleichen Atemzug als Rollenspiele bezeichnet werden – Borderlands 2 ist kein Rollenspiel. Es ist ein Shooter mit den Minimalanforderungen an ein RPG. Im Gegensatz zum Vorgänger hat sich am eigentlichen Spielprinzip nichts weltbewegend verändert. Wir laufen durch die Welt, erfüllen die Quests und knallen Gegner ab. Wir knallen wirklich sehr viele Gegner ab.

Unsere Klasse wählen wir am Anfang des Spiels aus und können im Spielverlauf unzählige Waffen ausprobieren und benutzen. Es gibt ein Inventarsystem – es funktioniert. Außerdem gibt es, wie Eingangs erwähnt, einen RPG Anteil in Form eines Talentbaumes, bei dem wir Punkte in drei unterschiedliche Kategorien des Talentbaums investieren können.

An dieser Stelle möchte ich direkt an die Quests anknüpfen und meine, nennen wir es so, Bedenken äußern. Ohne groß zu spoilern: Die Aufgaben stehen auf einer Komplexitätsskala zwischen 1-10 irgendwo bei -2 würde ich behaupten. Das klingt negativ, soll aber tatsächlich kein negatives Urteil sein. Sie sind auf Dauer einfach nur stinklangweilig und ich ertappe mich fast ständig dabei von A nach B zu rennen, “sammle 5 von [hier beliebiges Item einsetzen]” Quest-Texte zu lesen oder mit irgendwem irgendwo auf der Karte zu reden. Versteht mich nicht falsch, von einem Spiel wie Borderlands erwarte ich keine epischen Dialoge in Form eines Divinity oder Red Dead Redemption, aber was uns teilweise vorgeworfen hat sieht dem Questdesign aus WoW im Jahr 2003 sehr ähnlich und Das konnte schon wenigstens durch die Lore etwas begeistern.

Haken wir also das Thema Quests ab, aber ist die Welt von Pandora wenigstens spannend? Nein. Mir fällt es wirklich schwer hier genauer auf Details zu gehen. Natürlich sind die mit den Quests verknüpften Gebiete teilweise unendlich lustig mit den verrücktesten Gegnern und Dialogen gespickt, aber spätestens ab der Mitte nutzt sich dieses Merkmal völlig ab. Die Welt von Pandora bietet leider keine echten Überraschungen, es weckt in mir nicht das Gefühl, “die letzte Meile” auf der Karte zu gehen und die Neugierde zu wecken, ob sich doch etwas Spannendes hinter dem Hügel verbirgt.

Außerdem hat Gearbox, zumindest fühlt es sich so an, ab der Hälfte des Spiels das Kanonenfutter mit den Zwischenbossen verschossen. Das waren für mich persönlich die echten Highlights, in eine gedacht große Halle zu gehen und dann tauch in einer epischen Inszenierung ein Zwischenboss mit seinen Halunken auf. So ab der Hälfte wurden diese Begegnungen immer weniger und das wirkliche Highlight war dann schließlich der End-Bosskampf.

Was hat mir an Borderlands 2 besonders gut gefallen?

Eins muss man Gearbox lassen, sie halten fest entschlossen an Ihrem Konzept fest. Das comicartige mit den derben Sprüchen, gerne weit unter der Gürtellinie, die elendige Endzeitstimmung, in der gefühlt jeder auf die Welt sch***t und dazu noch die irren Waffen, die solche Protagonisten nicht in die Hände bekommen sollten. Perfekte Mischung für ein herrlich abgefahrenes Setup. Borderlands 2 spielt sich unfassbar flüssig ohne Bugs (ich hatte keinen einzigen). Den größten Spaß hatte ich mit den unterschiedlichen Waffen, die sich wirklich komplett unterschiedlich spielen. Die Spielewelt ist groß, instanziert sich in gewissen Teilen und man hat sich auch grafisch bei der Diversität gut ins Zeug gelegt. Die Gebiete unterscheiden sich deutlich und erwecken nicht das Gefühl, dass hier mit Copy&Paste gearbeitet wurde. Außerdem gefallen mir die Kampfgeräusche unseres Charakters, der hier und da mal einen lockeren Kill-Spruch über die Lippen lässt. Das schenkt der Welt und den Charaktere viel Glaubwürdigkeit.

Was hat mir an Borderlands 2 nicht so gut gefallen?

Ich habe meine Tendenz zu Borderlands oben bereits ein bisschen angeteasert. Ich möchte an dieser Stelle gleich am Anfang die Quests aufgreifen, denn damit steht und fällt für mich auch so ein Spiel wie Borderlands, auch wenn es sich “nur” um einen Loot-Shooter handelt. Ein sehr großer Teile der Quests sind öde Boten- oder Kopfgeldaufgaben, die man erledigt, um das nötige Level für die Hauptquest zu erfüllen. Mir haben Sie in den seltenen Fällen Spaß gemacht – ich habe Sie tatsächlich mehr als Arbeit als Freizeitgestaltung angesehen. Es ist schade, denn die Gegner und die Zwischenbosse sind außerordentlich gut gestaltet. Auch die vielen Questbelohnungen am Ende motivieren leider nicht, denn die meisten Waffenupgrades kommen aus einer Goldenen Kiste. Diese Eigenschaft macht mich wirklich extrem sauer und das ist der Hauptgrund, warum ich so schnell die Motivation in diesem Spiel verloren haben (gefühlt nach ca. 15 Stunden). Für diese Kiste benötigt man so genannte “Goldene Schlüssel”. Die werden von Gearbox teilweise auf deren Seite verteilt oder sind manchmal auf irgendwelchen Game-Seiten verfügbar. Dazu gibt man auf der Hauptseite einen Code ein und bekommt einen oder mehrere Goldene Schlüssel.

Ich hatte am Ende noch ca. 22 Schlüssel übrig und habe mich natürlich an dieser Kiste in gewissen Levelabständen bedient. Ich kann es in einem Loot-Shooter ehrlich zugegeben nicht verstehen, warum es solche Kisten gibt, die deutlich mächtigere Waffen als im Spiel selbst bieten? Welche Motivation habe ich, wenn ich über 40 Schlüssel besitze, noch in der großen Welt von Pandora nach Waffenupgrades zu suchen? Hinzu kommen die nicht motivierenden Quests, das bestärkt den Griff zur reich beschenkenden Kiste noch mehr. Kurzum: Mich hat dieses “Feature” sehr gestört.

Kommen wir zu den Klassen. Hier hätte ich mir vom Spielstil ein deutlich differenziertes Setup gewünscht. Es existiert zwar für jede Klasse ein spezifischer Skilltree, aber warum kann der Psycho mit dem Sniper-Gewehr ähnlich gut umgehen wie z.B. der Kommando? Ergibt in meinen Augen wenig Sinn.

Das Inventarsystem in Borderlands 2 ist eines der Dinge, die nicht nachvollziehen. Die Usability ist unter aller Sau. Das Verschieben und Vergleichen von Items ist anstrengend, manchmal zufällig und macht einfach keinen Spaß. Das Inventar ist für mich ein sehr gutes Beispiel, wo der Comicstil an seine Grenzen kommt. Hier hätte man die Comicschrift beibehalten und nur den Text der Items & Waffen anzeigen sollen. Durch die Anzeige der etlichen Icons wird das sehr schnell, sehr unübersichtlich.

Fazit

Ich hatte mich riesig auf den zweiten Teil gefreut, auf die lustigen Quests und Charaktere. Die knackigen Bosskämpfe. Nach dem Durchspielen bleibt bei mir ein sehr gemischtes Gefühl. Serviert bekommen habe ich einen, in seinem Stil, einzigartigen Loot-Shooter mit einigen Abzügen in der B-Note. Die aufgezählten Schwächen können nach meinem persönlichen Geschmack die schön gezeichnete Welt und die Charaktere, die vielen unterschiedlichen Waffen, Schilde und Granatenmods leider nicht überwiegen. Wenn sich ein Spiel nach der Hälfte nach Arbeit anfühlt gehen bei mir die Alarmglocken an und die Goldene Kiste in Borderlands 2 ist für mich das größte Geschwür, welches das gesamte Spielkonzept irgendwo kaputt macht.

Ich mache hier jetzt einen Diablo 3 Vergleich: Das ist so, als würdet ihr 20 Stunden auf regulärem Weg ein Upgrade zu eurer Waffe suchen, aber gleichzeitig könnt ihr einfach einen Schlüssel einsetzen und aus einer Kiste im Lager eine Auswahl an drei Waffen (meist mächtigeren Waffen als Eure) aussuchen – einfach so. Wo bleibt hier das süchtig machende Mittel für die Lootspirale? Warum soll ich nach draußen gehen, langweilige Aufgaben erfüllen und trotzdem nur halblebige Upgrades oder gar keine Upgrades bekommen?

Kann man nur hoffen, dass der dritte Teil von Borderlands sich hier in diesen Punkten wenigstens ein bisschen unterscheidet, aber der zweite Teil hat mich persönlich nicht so richtig abholen wollen.

Motivationskurve

Die Motivation am Anfang ist riesig. Dystopische Welt, durchgeknallte Charaktere, wilde Waffen – einfach Borderlands eben! Es macht mir große Freude die unterschiedlichen Waffen zu testen, mich zu equippen und den Gegnern mit meinem Arsenal eins auf die Mütze zu geben. Aber nach und nach fällt die Motivation ab, da die Quests wirklich auf unterstem Niveau sind. Gehe hin, sammle ein, komm zurück, rede mit Person X/Y. Das macht keinen Spaß, machen wir uns nichts vor. Außerdem bleibt die Story komplett seicht ohne Tiefgang, Überraschungen oder Sonstiges. So ab der Hälfte ging es bei mir leider nur noch bergab mit der Motivation und ich habe sogar knapp 60 Punkte im letzten Viertel vergeben. Das kommt nicht von ungefähr, denn sinnvolle Upgrades kamen praktisch nur noch aus den goldenen Truhen – für mich ein absolutes no-go in einem Loot-Shooter.

Bewertung - 78%

78%

Borderlands 2 übernimmt viele Elemente von seinem Vorgänger, hier und da ein paar kleine Komfortfunktionen neu implementiert aber die Devise scheint gewesen zu sein: Never change a running system. Das mag funktionieren, aber ich hätte gerade im Gameplay und bei den Quests wenigstens einen kleinen spürbaren Fortschritt erlebt. Der schnelle und übermächtige Loot durch eine Kiste direkt in der Basis zerstört für mich den Gedanken hinter einem Loot-Shooter - das darf einfach nicht sein. Ansonsten bietet Borderlands 2 die übliche Ballerei für den gemütlichen Abend, an dem man seinen Gehirnzellen eine Pause gönnen und das Waffenarsenal zücken möchte.

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